Die große Herausforderung für Berufsberatungen ist unsere schnelllebige Zeit, in der sich in Zukunft sehr vieles verändern wird. Viele Berufe, die früher noch als sicher oder erfolgsversprechend galten, wird es in Zukunft sehr wahrscheinlich nicht mehr geben. Durch Industrie 4.0 werden in Kürze Millionen Jobs pulverisiert. Immer weniger Arbeitende werden für immer mehr Menschen sorgen müssen, das erfordert revolutionäre Konzepte für die Zukunft. Wir brauchen also nicht nur sehr viel Wissen, sondern auch Insiderwissen, und zusätzlich ein gutes Gespür für das Kommende.
Nullzinsen und die Entwertung von Ersparnissen durch die irrsinnige Notenbankpolitik der EZB, stagnierende Einkommen bei fortschreitender Inflation (wenn sie denn korrekt berechnet würde) und wachsende Jobunsicherheit in der Mittelschicht macht die Menschen zunehmend nervös. Unser Wirtschafts-, Geld- und Finanzsystem ist durch ein Übergewicht an Macht durch global agierende Konzerne, Banken und Lobbyorganisationen nun völlig aus dem Ruder gelaufen. Das Problem ist unter anderem, dass nur wenige Konzerne weltweit unfassbar viele Milliarden scheffeln und sie nicht mehr wissen, wie sie ihre Berge von Geld sinnvoll in reale wirtschaftliche Aktivitäten und echte Innovationen investieren sollen.
Die brennenden Fragen, die sich hier stellen, sind: Mit welchen Konzepten werden wir die Zukunft finanziell so stemmen können, dass für alle Menschen gesorgt ist? Welche Berufsfelder versprechen zukunftsorientiert zu sein, und auf welche brauchen wir nicht mehr zu setzen.
Beginnen wir mit den letzten beiden Fragen.
Auf welche Berufsfelder brauchen wir nicht mehr zu setzen, und wo wird es hingehen?
Handel
Der Trend zum Online-Shopping ist aus vielerlei Hinsicht nicht mehr aufzuhalten. Der Begriff „Einkaufsbummel“ ist eher romantisch verklärt, und wenn man in großen Städten insbesondere durch die Fußgängerzone schlendern will, beginnt der Stress für die meisten schon damit, dass sie in die Stadt fahren müssen, dann kommt die Parkplatzsuche und dann geht es rein ins Gedränge. Und wofür? Individuelle Geschäfte sind Mangelware und können sich ohnehin nur schwer halten, da die Eigentümer der Innenstadtimmobilien durch ihre Gier dermaßen horrende Mieten verlangen, dass sich nur noch die Konzerne derartige Kosten leisten können. Man rennt also von Karstadt zu H&M, von Esprit zu Zara und so weiter und so fort. Die Innenstädte sind austauschbar geworden und dadurch immer unattraktiver.
In den Läden selbst sind gut ausgebildete Fachkräfte eher Mangelware, womit die Geschäfte ihre letzte Existenzberechtigung auch noch aufgegeben haben. Und dann gibt es diejenigen, zu denen ich selbst gehöre, die sich sehr genau überlegen, was sie kaufen, welchen ökologischen Fußabdruck sie hinterlassen wollen und wo es das beste Produkt in diesem Fall gibt. Nun, sicher nicht in einem der Konzerne. Also bin ich – wohl oder übel – sogar gezwungen, über das Internet zu bestellen. Der Einzelhandel wird nicht aussterben, aber er wird einer der großen Verlierer sein. Der Einzelhandelsverband Deutschlands schätzt, dass bis zum Jahr 2020, also in ein bis anderthalb Jahren von jetzt an gerechnet, 50.000 Einzelhandelsstandorte schließen werden. Allerdings sind hiervon auch die Konzerne betroffen. H&M hat in Europa 170 Filialen bereits geschlossen, Walmart 269 und Toys „R“ Us hat gleich Insolvenz angemeldet. Der Gewinner ist hier ganz klar Amazon, der ohnehin schon der Größte Marktplatz ist und seinen Markanteil weiter ausbauen wird, es sei denn, der Verbraucher kauft seine Produkte nicht über Amazon (weil es viel bequemer ist), sondern direkt beim Anbieter.
Bei den übriggebliebenen Geschäften soll der Trend in Richtung RFID-Chip gehen, und damit bräuchte es dann keine Kassiererinnen mehr. Bestellungen und Lagerwirtschaft lassen sich mit KI „wunderbar“ regeln. Es gibt übrigens zunehmend kleinere Geschäfte und Gaststätten, die auf den bargeldlosen Zug nicht aufspringen und nur noch Cash annehmen, was ich sehr positiv sehe. Als Verbraucher sollten wir uns genau (!) überlegen, wie wir leben wollen. Wir haben es selbst in der Hand, allerdings müssen wir dazu unsere Bequemlichkeit überwinden…
Verkehr
In Zusammenhang mit technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen wird am häufigsten der Umbruch der Automobilität diskutiert. Nach der Kanzlerin und der Planung der Bundesregierung im Jahr 2009 sollte bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge in Deutschland auf den Straßen fahren und 2017 hat Merkel in Argentinien die Parole ausgegeben, dass hier innerhalb der nächsten 20 Jahre Roboterautos Pflicht werden sollen und manuelles Fahren nur noch mit Sondererlaubnis möglich sein wird.
U-Bahnen, S-Bahnen, Trambahnen und Fernverkehr brauchen dann bald keine Fahrer mehr und dass Flugzeuge ohne Pilot fliegen, stellt ebenfalls kein großes Problem dar. Jedenfalls technisch gesehen. Schauen wir uns das genauer an. Mit der Erfindung des Verbrennungsmotors verschwanden Pferde und Kutschen von den Straßen, und mit ihnen Kutscher, Hufschmiede, Sattler oder Stallburschen. Aber auch modernen Benzin- und Dieselmotoren wird nun der Garaus gemacht, da sie zu viele giftige Abgase ausstoßen. Der Diesel ist ohnehin tot. Leasingfirmen machen mittlerweile riesige Verluste, weil die aktuellen Leasingnehmer die Fahrzeuge nicht mehr aufkaufen und sie selbst die Karossen nur noch mit großen Einbußen, wenn überhaupt, verkaufen können. Nun geht es auch den Benzinern an den Kragen. Die Reise soll – angeblich (das werden wir gleich noch auflösen) – Richtung Elektromotor gehen.
Ein Elektromotor besteht aus 25 Teilen und erfordert wesentlich weniger Aufwand bei der Montage als ein Achtzylinder, der aus 1200 Teilen besteht. Das kann nicht ohne Folgen für die Beschäftigten dieser Industrie bleiben. Allein bei VW könnten dadurch 10 bis 15 Werke überflüssig werden. Für diese 1000 Teile braucht man dann aber auch keine Zulieferindustrie mehr, für diese Betriebe braucht es dann auch keine Maschinen mehr, die diese Bauteile herstellen. Und man braucht sehr viele Mitarbeiter nicht mehr. Und das nur wegen eines Wechsels von Verbrennungsmotor hin zum Elektromotor.
Allerdings wäre Deutschland bei dieser Form der Technologie außen vor. Denn der Erfolg der deutschen Automobilhersteller beruht auf drei Komponenten: Niemand beherrscht die kontrollierte Explosion im Verbrennungsmotor so perfekt, niemand das Zusammenspiel von Motor und Getriebe und niemand hat einen solch guten Ruf wie die deutschen Hersteller. Einen Elektromotor zusammenzuschrauben ist so simpel, dass das jedes halbwegs interessierte Schwellenland kann. Wenn es beim Elektroauto bliebe, hätten die chinesischen Anbieter vermutlich die Nase vorn, denn Top-Entwicklungsingenieure, vor allem von BMW, wechselten in Scharen zur chinesischen Konkurrenz und brachten gleich Jahrzehnte an Know-how mit.
Ich schrieb oben von „angeblich“. Wie sieht es denn tatsächlich aus? Werden die Elektroautos unsere Zukunft sein? Mal ganz abgesehen davon, dass die ungeheure Masse an Strom irgendwo herkommen muss, dass die Herstellung und Entsorgung von Batterien einem ökologischen Desaster gleichkommt und dass die Dinger auch noch für den Menschen extrem gesundheitsschädlich sind (diese drei Argumente zählen aber nicht, weil Industrie und die ihnen untergeordnete Regierung sich für diese Themen ohnehin nie interessiert haben), gibt es andere Gründe, die daran zweifeln lassen, dass es in Deutschland flächendeckend Elektroautos geben wird.
Dass die Technologie nicht ausgereift sei, ist ausgemachter Blödsinn, da in China über 1,2 Millionen dieser Fahrzeuge täglich unterwegs sind. Was sollte in Deutschland nicht funktionieren, was in China klappt? Die Kosten für die Ladeinfrastruktur sind es auch nicht, die würden bei etwa 1,5 Milliarden Euro liegen, was unserer Noch-Kanzlerin nur ein müdes Augenzucken abverlangen würde, um diese Mittel freizugeben. Es muss also einen anderen Grund geben, warum dieses Geschäft in Deutschland nicht forciert wird, und der Grund lautet, dass man es nicht will. Die Konzerne wollen es nicht, und somit darf die Regierung es auch nicht wollen (auch wenn es nach außen anders dargestellt wird) und somit wird in den Mainstream-Medien darüber auch nicht berichtet. Der Mainstream berichtet völlig anders. Hier liest man dann Meldungen wie: „Elektroautos kaum zu bekommen. Hersteller können nicht liefern. Die Nachfrage wurde falsch eingeschätzt. Wartezeiten bis zu einem Jahr.“ Oder ganz aktuell in der Süddeutschen Zeitung, in der laut einem Artikel vom Wochenende der Hessen-Wahl 35 Motorenentwickler von BMW ein berufsbegleitendes Masterprogramm Elektromobilität in Ingolstadt durchlaufen. Porsche soll danach jüngst verkündet haben, künftig nur noch auf den Elektroantrieb zu setzen. Und auch Daimler setzt angeblich auf dieses Pferd. „Die Elektromobilität werde Aufgaben und Beschäftigungsprofile verändern“, heißt es vom schwäbischen Konzern. Soso…
Die Industrie in Deutschland hat überhaupt kein Interesse daran, eine Ladeinfrastruktur aufzubauen, damit die Chinesen hier Autos verkaufen. Und wenn sie das intern und nach außen kolportieren, dass in der Elektromobilität die Zukunft läge, so nehme ich stark an, dass das zu den besonderen „Beschäftigungsprofilen“ für Ingenieure gehört, von dem Daimler sprach, um abwanderungswillige Ingenieure nicht mit dem entscheidenden Know-how nach China gehen zu lassen. Die Chinesen oder andere asiatische Länder würden die deutsche Automobilindustrie nahezu zerstören, mit allen desaströsen Folgen, die das hätte. Keine westliche Industrienation will ihre Automobilindustrie dicht machen, um den Chinesen das Feld zu überlassen. Die Zukunft liegt dagegen ganz klar im Wasserstoff, und hier sprechen wir wieder über einen hochkomplexen Antrieb, womit die gesamte industrielle Wertschöpfungskette erhalten bliebe, zumal der Wasserstoffantrieb dem Elektroantrieb insbesondere bei schweren Fahrzeugen mit großem Reichweitenbedürfnis hoch überlegen ist.
Die Konzerne machen das schon recht geschickt. Nach außen wird etwas anderes behauptet, die Chinesen werden in Sicherheit gewogen und verprassen ihre Devisen in eine Technologie, die später in der westlichen Welt kaum noch einer will, man gibt halbherzig intern die Elektromobilität als Parole heraus und in ganz anderen Stellen der Konzerne gibt es bereits die Ingenieure, die sich mit der Zukunftstechnologie Wasserstoff beschäftigen. Solange es Benziner gibt, läuft die Industrie noch halbwegs und das sind jetzt genau die paar Jahre, die die deutsche Industrie braucht, um ihren Schlachtplan umzusetzen. Der Wasserstoff selbst wird dabei über viele Jahre noch aus Erdgas hergestellt, da das viermal billiger ist als aus erneuerbaren Energien. (Das ist übrigens der Grund, warum es derzeit alle auf Erdgas abgesehen haben. Es geht hier um geostrategische Interessen, für deren Erreichung weltweit Kriege angezettelt werden.)
Letztlich wird es wohl in wenigen Jahren einen Mix aus Elektrofahrzeugen ( vor allem bei Robotaxis ) und Wasserstofffahrzeugen geben, jedenfalls so lange, wie es Konzerne gibt, die die Freie Energie unterdrücken. Das Fazit hier ist: es wird auf Dauer eine Verschiebung bei den Ingenieuren geben von einer Technologie in eine andere, und man sollte sehr gut informiert sein, um die richtige Entscheidung zu treffen. Und es wird garantiert weniger Arbeiter in der Produktion geben, da das zunehmend Roboter übernehmen werden.
Aber nicht nur der Antrieb wird gerade revolutioniert, sondern auch die Art der Steuerung. Selbstfahrende Autos machen den Führerschein überflüssig und die dazu gehörenden Fahrschulen. 250.000 Taxilizenzen würden wertlos, und für etwa eine halbe Million LKW-Fahrer wäre der Job ebenfalls vorbei. Es gehört längst zum Alltag, dass Roboter Fabrikarbeitsplätze ersetzen, doch die Geschwindigkeit, mit der Maschinen in andere Berufe vordringen, ist beeindruckend.
Banken
Bereits 1994 hat Bill Gates den Satz geäußert „Banking is necessary, banks are not.“ Diese Strömung ist unübersichtlich. Über 70 Prozent aller Bankkunden betreiben Online-Banking, immer mehr Online-Banken kommen auf den Markt und immer mehr Filialen werden geschlossen. Da bei Banken in der Regel hauseigene Produkte vertickt werden, wenden sich immer mehr Kunden an Vergleichsportale. Und im Investmentbanking übernehmen immer mehr Rechner, also „Künstliche Intelligenz“ (KI), das Kommando. Entscheidungsprozesse sollen weitgehend automatisiert und menschliche Emotionalität ausgemerzt werden.
Banken und Finanzdienstleister setzen mittlerweile Robo-Adviser ein, um die Geldanlagen der Kunden zu optimieren, und an den Börsen sind vollständig autonome Algo-Trader längst in der Übermacht, die mit Hilfe ihrer KI versuchen, die Märkte zu beherrschen. Sie machen derzeit zwischen 50 und 80 Prozent des Handelsvolumens aus.
Juristen
Anfang 2018 ließen amerikanische Universitäten 20 erfahrene Rechtsanwälte gegen einen Computer mit KI antreten. Beide hatten die Aufgabe, bestimmte Verträge auf Rechtsprobleme zu untersuchen. Der Computer brauchte dafür 26 Sekunden, die Anwälte 92 Minuten, die Genauigkeit lag beim Computer bei 94 Prozent, bei den Juristen nur bei 85 Prozent. Nicht nur die Arbeit der Juristen wird sich ändern, auch deren Anzahl wird sich deutlich verringern.
Versicherungen
Es wird sie noch weiter geben, auch die Konzerne, keine Frage, aber viele Versicherungen werden durch die gesellschaftlichen Veränderungen (z.B. autonomes Fahren) überflüssig, und für Versicherungsvertreter und Makler gehen zunehmend die Lichter aus, da Automatisierung und KI durchschnittliche bis gut qualifizierte Mitarbeiter überflüssig machen.
Medizin
Auch hier wird es eine große Revolution geben. Einerseits ist der Bereich der Medizintechnik ein riesiger Wachstumsmarkt, weil Mediziner kaum noch lernen, selbst sauber zu diagnostizieren, sondern sich auf Maschinen zu verlassen wie Röntgengeräte, MRTs und so weiter. Da diese sehr hohe Anschaffungspreise haben, sind die Ärzte daran interessiert, die Maschinen möglichst häufig zu belegen und auszulasten, was die Erfahrung der eigenen Diagnostik weiter verringert.
Immer mehr Menschen wachen auf und haben immer weniger Vertrauen in die Weiß-Kittel, weil sie merken, dass die Mehrzahl der Ärzteschaft sich kaum Zeit nimmt für ihre Patienten, diese abgespeist werden mit Rezepten für Medikamente, die Nebenwirkungen haben und von denen sie nicht geheilt, sondern lediglich die Symptome unterdrückt werden, während die Ursachen jedoch nicht angegangen werden. Warum? Weil es die Ärzte nicht können, denn sie lassen sich zunehmend zu Fachidioten ausbilden, wodurch ihnen die Gesamtsicht auf den Menschen und die Komplexität abhandenkommt. Immer mehr Menschen werden sich in der Zukunft also um ihre Selbstheilungskräfte kümmern und Verantwortung für sich selbst übernehmen, und sie werden sich mehr den alternativen Therapien zuwenden als der pharmanahen Schulmedizin.
So wird es einige Bereiche in der Medizin geben, die weiter ein einträgliches Geschäft abgeben, andere Bereiche wird es stark rütteln und dezimieren. Das Thema ist allerdings so umfangreich, dass es einen eigenen Artikel wert ist.
Diese Liste ließe sich noch beliebig verlängern, aber ich finde, das reicht schon aus, um ansatzweise eine Vorstellung zu bekommen, was uns erwartet. Zwei Forscher in Oxford haben in ihrer über 70 Seiten langen Studie 2013 prognostiziert, dass bis 2030 die Hälfte aller Arbeitsplätze in den USA verloren gehen wird. Auf Basis dieser Studie untersuchten zwei Jahre später die Volkswirte der ING-Bank die Auswirkungen auf den deutschen Markt und kamen zu noch dramatischeren Ergebnissen. Hiernach würden 18,3 Millionen Arbeitsplätze, das sind knapp 60 Prozent, verloren gehen oder wären zumindest vom Verlust bedroht.
Es werden sicherlich auch wieder neue Jobs geschaffen, aber es kann als gesichert gelten, dass der Arbeitsplatzverlust die Zahl der neu geschaffenen hoch qualifizierten Stellen massiv übersteigen wird. Verlierer werden hier zu den bereits erwähnten Bereichen die schwach qualifizierten Arbeitskräfte sein. Gewinner sind Mathematiker, Physiker, Ingenieure und Informatiker, Maschinen- und Anlagenbauer, aber auch Controller, Marketingspezialisten und Vertriebler sowie das Handwerk und das Hotel- und Gastronomiegewerbe.
Wenn nun nur noch etwa 18 Millionen Menschen arbeiten und 80 Millionen Deutsche aber durchgefüttert werden müssen, die Migranten noch gar nicht mitgerechnet, muss jedem klar sein, dass das nicht funktionieren kann. Wie soll das also gehen? Damit wären wir bei unserer ersten Frage angekommen.
Wenn sich nicht sehr bald die Hälfte der Bevölkerung Deutschlands „verabschieden“ sollte, ist die einzige Möglichkeit das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE). Man muss sich sehr wundern, dass das BGE überhaupt kontrovers diskutiert wird, da es, wann immer es eingesetzt wurde, zu einem großen Erfolg wurde. Was die „Herrschenden“ nicht davon abhielt, dieses Erfolgsmodell wieder einzustampfen. Aber eins nach dem anderen.
Das, was wir einmal gelernt haben, wird in vielen Fällen nur ein Einstieg sein. Danach kommt lebenslanges Lernen, denn vermutlich wird es den Job, den wir anfangs ausgeübt haben, bereits in der Mitte unseres Lebens nicht mehr geben. Das kann aber nur funktionieren, wenn wir unser Einkommen nicht mehr zwingend an Arbeit koppeln. Denn die Zeiten, in denen viele arbeiten und mit ihren Steuergeldern für den „sozialen Frieden“ sorgen, sind jetzt schon vorbei. Es ist nur noch nicht ganz in unserem Bewusstsein angekommen. Die digitalisierte Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft macht ein BGE nicht nur möglich, sondern wird ohne dieses nicht mehr funktionieren.
Das gern genommene Totschlag-Argument lautet dann immer: „Wer soll das bezahlen? Das ist unmöglich!“ Wir kennen das alle von Matheklausuren: wenn wir uns nur einmal verrechnet hatten, aber diese eine Zahl weiterhin als Basis für weitere Berechnungen hergenommen werden musste, war zwar der Rechenweg korrekt, aber das Ergebnis blieb falsch. So ist das auch mit dem BGE. Es gibt nur zwei Gründe, das BGE abzulehnen – entweder versteht man intellektuell nicht, wie und dass es geht oder aber man versteht es intellektuell sehr wohl, will aber die vielen Vorteile, die das BGE für die Masse mit sich bringt, aus sehr eigennützigen Gründen nicht.
Die Grundidee unseres Steuersystems (Ertragssystem) stammt aus der Zeit der Selbstversorgung aus dem Mittelalter. Von dem, was erwirtschaftet wurde, haben die Bauern dann den „Zehnten“ abgegeben und erhielten dafür Schutz und etwas Rechtssicherheit von ihrem Grundherrn. Umsatz-, Mehrwert- und Verbrauchssteuern funktionieren dafür besser in einer Wirtschaftsordnung, in der die Menschen sich nicht überwiegend selbst versorgen, sondern in der Fremdversorgung leben. Wenn wir ausschließlich von den Gütern und Leistungen anderer leben, ist es wirtschaftlich und sozial komplett kontraproduktiv, die Erbringung von Leistung zu besteuern, so wie es jetzt der Fall ist. Was dagegen besteuert werden muss, ist die Entnahme von Leistung aus dem Wirtschaftskreislauf. Man muss also den Konsum besteuern!
Die Konzerne und Megareichen werden ihre Milliarden immer vor dem Fiskus verstecken, ob in Banken mit Alpenblick oder auf netten kleinen Inseln in der Karibik. Geschädigt wird die Masse der arbeitenden Bevölkerung. Davon wird es aber zunehmend weniger geben (Bevölkerung vielleicht schon, aber nicht arbeitend).
Es gibt drei Möglichkeiten, etwas zu besteuern: Eigentum bzw. Vermögen, Einkommen bzw. Erträge sowie Ausgaben/Konsum. Die Einnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden aus vermögensbezogenen Steuern machen weniger als 4 Prozent des gesamten Steueraufkommens aus und weniger als 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Diese Steuern bringen also schlichtweg kaum etwas ein, und man kann sie getrost vergessen.
Die ergiebigsten Steuern sind derzeit in allen ökonomisch entwickelten Staaten der Welt die Ertragssteuern. Sie setzen sich zusammen aus dem Einkommen von Lohn- und Gehaltsempfängern, Gewerbetreibenden und Freiberuflern, aus Kapitaleinkünften, Mieteinkünften von Haus- und Grundbesitz und den Gewinnen von Unternehmen. Allerdings muss man auch sagen, dass genau genommen die Unternehmer letztlich keine Steuern zahlen, weil sie alle Kosten auf ihre Kunden abwälzen und die Kunden ihrer Kunden. Letztlich werden die Steuern immer auf den Endverbraucher abgewälzt. Darüber hinaus haben Konzerne genug Möglichkeiten, die Steuern durch entsprechende Verschachtelungen und – legale – Konstrukte gegen „null“ zu bringen.
Die Konsumsteuern sind die dritte Möglichkeit. Die Mehrwertsteuer trägt mit rund 32 Prozent zum gesamten Steueraufkommen bei. Hinzu kommen noch weitere Verbrauchssteuern wie Energiesteuer, Tabaksteuer, Alkoholsteuer und so weiter.
Das derzeitige Steuersystem greift also in die wirtschaftliche Leistung der Menschen ein, an dem der Konsum noch nicht zum Ziel gekommen ist. Der einzige Sinn wirtschaftlicher Tätigkeit ist es, Waren und Dienstleistungen bereit zu stellen, die irgendwann von jemandem gebraucht oder begehrt werden sowie Einkommen bereit zu stellen, mit denen Menschen diese Waren und Dienstleistungen bezahlen können. Das ist der Wertschöpfungsstrom. Erst an dieser Stelle ist es sinnvoll, dass die Bürger einer Gemeinschaft Steuern zahlen: wenn jemand dem Wertschöpfungsstrom Leistungen entnimmt. Das Erbringen von Leistungen zu besteuern, ist dagegen völlig kontraproduktiv. Die Besteuerung von Unternehmen und Arbeitseinkommen ist eine Einladung zur Rationalisierung oder zur Lohndrückerei.
Eine Besteuerung ausschließlich des Konsums hätte den gegenteiligen Effekt. Die Konsumsteuer fällt auf alle Leistungen an, die für ein Produkt oder eine Dienstleistung notwendig waren. Sie unterscheidet nicht zwischen Maschinen- und Menschenarbeit, was zur Chancengleichheit führt und die steuerliche Subventionierung von Maschinenarbeit abschafft. Steuern sollen die Menschen zahlen, wenn sie konsumieren, nicht aber, wenn sie Leistung erbringen.
An dieser Stelle kommt dann oftmals der Einwand, dass die Reichen gar nicht so viel konsumieren können und auch keine Zeit dazu haben. Ich schlage vor, man liest an dieser Stelle mal intensiver die Yellow Press. Dann wird man überrascht sein, dass die Reichen sehr wohl in Saus und Braus leben. Die Aldi-Gründer haben ihre Milliarden noch gehortet, aber schon deren Kinder wussten besser zu leben, mit Gemälden an den Wänden, die Millionen Euro Wert waren, Oldtimer-Luxuskarossen, 120-Meter-Yachten, Luxusvillen und Privatinseln. Und all diese Dinge lassen sich entsprechend hoch versteuern, so dass man auf diese Art und Weise eine sehr viel gerechtere Besteuerung hätte als jetzt.
Ein weiterer Vorteil dieser Besteuerung wäre eine enorme Kosteneinsparung. Da es nur eine Konsumsteuer gibt, müssten keine komplizierten Steuererklärungen abgegeben werden, es bräuchte keine Steuerberater mehr und viel weniger Finanzbeamte. Damit wäre der Weg frei für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Da es bedingungslos ist, also jeder es erhält, gäbe es auch keine komplizierten Verfahren und Berechnungen und alle anderen Sozialleistungen wie Hartz IV, Kindergeld, Rente usw. würden entfallen, so dass es kaum noch Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst bräuchte.
Ein weiterer Einwand gegen das BGE wäre, dass dann keiner mehr arbeiten würde. Das ist nun wirklich lächerlich. Einschlägige Umfragen zeigen ganz klar, dass 90 Prozent aller Befragten auch mit BGE weiter arbeiten würden, aber die Hälfte von ihnen glaubt, dass die meisten Menschen sofort alles stehen und liegen lassen würden. Die Unternehmensberater mit ihren hohen Einkommen im oftmals sechsstelligen Bereich würden für ein BGE von sagen wir 1.200,- € monatlich ihren Job nicht mehr machen? Ärzte würden nicht mehr arbeiten und für das BGE zu Hause bleiben? Manager würden alle Excel-Listen stehen und liegen lassen, nur um für 1.200 Euro Golf zu spielen? Sie merken schon, wie albern dieses Argument ist.
Stattdessen führt das BGE zu einer großen Zufriedenheit der Menschen, weil sie beruflich das machen können, was sie sich von Herzen wünschen. Können Sie sich vorstellen, dass es viele Menschen im öffentlichen Dienst gibt, sagen wir in der Rentenberechnung, die mit strahlenden Augen zu ihrem Arbeitsplatz fahren, glücklich ihren Job ausüben und sich am Sonntag darauf freuen, am nächsten Morgen wieder an ihrem Arbeitsplatz zu sitzen? Ich kenne keinen, und ich glaube, sollte es diese Menschen geben, so bewegen sie sich im Promille-Bereich. DAS sind die Menschen, die die Nase gestrichen voll haben von ihren öden, destruktiven Jobs, in denen sie sich mit lustlosen Kollegen und unfähigen Vorgesetzten rumärgern müssen. Die braucht man dann aber nicht mehr und diese Menschen können beruflich endlich das tun, was sie schon lange machen wollten. Egal, ob ihnen das viel oder wenig Geld einbringt. Das BGE befreit die Menschen von der Sorge, ohne gewerbliches Einkommen überhaupt kein Einkommen mehr zu haben. Nur existenzielle Ängste treiben Menschen zu ihrer ungeliebten Arbeit.
Laut der Gallup-Studie sind etwa 80 Prozent aller arbeitenden Menschen unzufrieden mit ihrem Job, 30 Prozent von ihnen haben bereits innerlich gekündigt und 10 Prozent schädigen bewusst ihren Arbeitgeber. Diese Zahlen sind seit Jahren so gut wie unverändert, und damit wäre es sofort vorbei. Welch ein Aufatmen in der Wirtschaft und in den Familien, wenn die Menschen das machen können, was ihnen Freude bereitet! Das hätte übrigens sofortige Auswirkungen auf das Gesundheits- oder besser gesagt Krankheitssystem und würde erhebliche Kosten sparen, so dass die Krankenkassenbeiträge deutlich sinken könnten. Es würden Milliarden eingespart, weil die Menschen nicht mehr unter Rückenleiden, Burn-out, Depressionen, Kopfschmerzen und was weiß ich noch alles leiden, nur weil sie im Job unglücklich sind.
Durch die Einführung des BGE wird dann im Umkehrschluss noch etwas anderes passieren. Bisher ist es so, dass so gut wie alle miesen, anstrengenden, ekligen oder schmutzigen Arbeiten schlecht bezahlt sind. Eigentlich müsste es aber genau umgekehrt sein. Hat da schon mal jemand drüber nachgedacht? Mit dem BGE werden immer weniger Menschen diese Arbeit erledigen. Somit werden diese Jobs entweder abgeschafft, weil die Ausbeuter vom Markt verschwinden, oder automatisiert oder aber die Jobs werden besser bezahlt. Das würde zum Beispiel der Pflege oder erzieherischen Berufen zu Gute kommen.
Wenn Sie sich außerhalb der Mainstream-Medien bewegen und offen sind für andere, alternative Medien, werden Ihnen so einige Erfolgsstorys unterkommen hinsichtlich des BGE. Eine ist die von dem Dorf Otjivero in Namibia. Im Juli 2007 kam Bischof Zephania Kameeta mit einem Konvoi aus Windhoek in das Dorf. Kameetas Plan war, jedem in diesem Dorf monatlich 100 Nam-Dollar auszuzahlen, egal ob Säugling oder Familienvater. Lediglich die Rentner mit der staatlichen Rentenversorgung waren außen vor. Es gab eine Zählung, die etwas geheimnisvoll ablief, damit nicht aus anderen Dörfern ebenfalls Freunde oder Familie mitgezählt werden konnten und man landete bei genau 930 Personen. Einige Zeit später tauchte der Konvoi wieder auf mit einem Geldautomaten und Plastikkarten, mit denen die Einwohner ihr Geld ziehen konnten. Wenn man vom ersten Monat absieht, in dem die „Shebeens“, die Kaschemmen, das Geschäft ihres Lebens gemacht und viele Bewohner ihr Geld in wenigen Tagen verprasst hatten, lernten sie schnell, sich ihr Geld einzuteilen und damit Sinnvolles anzustellen. Sie konnten Decken kaufen oder Anziehsachen oder ihre Hütten reparieren. Sie ernährten sich gesünder, das Leben wurde angenehmer, und es gab keine Gewalt mehr. Irgendwann gab es eine Post und Stromleitungen. Und ganz wichtig: das Grundeinkommen gab ihnen Würde!
Man hätte erwarten können, dass aus den Bewohnern von Otjivero nur Faulpelze werden, die sich betrinken und nichts mehr arbeiten. Stattdessen wurde aus dem Dorf der Hoffnungslosen eine Art Gründerzentrum. Überall gibt es kleine Läden und der Ruf der Einwohner hat sich so verbessert, dass sie in den Nachbargemeinden Jobs bekommen. Statt 40 Prozent brechen nur noch 5 Prozent der Kinder vorzeitig die Schule ab, die Kriminalität liegt unterhalb des Landesdurchschnitts. Den Segen des BGE brachte die evangelisch-lutherische Kirche von Namibia mittels eines deutschen Ehepaares in das Dorf.
Namibia hat eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen Afrikas und die flächendeckende Einführung des BGE wäre überhaupt kein Problem. Aber es gibt starke Gegenspieler wie die Regierung und vor allem der IWF, der Internationale Währungsfonds. Das ist eine Sonderorganisation der UN mit Sitz in Washington und nach meinem Empfinden und gesunden Menschenverstand eine der größten Verbrecherorganisationen der Welt. Sie erpresst Staaten, rettet die Banken, aber lässt die Bevölkerung als Preis dafür verelenden und so verschulden, dass sie ihre Schulden niemals zurückzahlen können. Diese kriminellen Vereinigungen haben überhaupt kein Interesse daran, dass Menschen ihre Würde behalten oder zurückbekommen, geschweige denn, dass sie selbstbewusst werden. Otjivero ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie exzellent das BGE funktioniert und welche wundervollen Konsequenzen das hat für die Menschen und das Land, aber wie wenig diese Erfolge – noch – gewünscht sind. Das muss und wird sich ändern.
Viele Menschen fürchten die Digitalisierung und Automatisierung, man muss jedoch mal weiter denken, um die letzten Konsequenzen zu erkennen. In Deutschland ist ein großer Teil der Industrie im Zuge der Globalisierung geschlossen und ins Ausland verlagert worden. Die europäische und damit auch die deutsche Textilindustrie hat sich binnen weniger Jahre nach Bangladesch, Vietnam und China verabschiedet. Bestimmt nicht wegen des Wetters oder gar der tollen politischen Rahmenbedingungen, sondern einzig und allein wegen der billigen Arbeitsplätze. Viele mittelständische Betriebe haben aber mittlerweile die Nase voll von den Gängeleien der dortigen Regierungen, von der unsicheren Planungsbasis durch neue willkürliche Auflagen und den korrupten Beamten. Wenn in den Fabriken der Zukunft kaum noch Arbeitskräfte benötigt werden, macht es keinen Sinn, diese in Länder der Dritten Welt zu platzieren. Wer kaum noch Lohnkosten hat, kann die Vorteile eines heimischen Standortes dagegen auskosten: Rechts- und Planungssicherheit, Produktion und Entwicklung direkt am Sitz und in der Heimat des Unternehmers und seiner Familie, perfekte Infrastruktur, gut ausgebildete und zuverlässige Fachkräfte, kurze Transportwege zu den Verbrauchern statt wochenlanger Seetransporte, die Kapital binden und Kosten und Risiko verursachen. Da das immer mehr Unternehmer erkannt haben, dreht sich das Rad bereits wieder zurück. Adidas ist hier nur ein Beispiel von vielen.
Wir werden große Veränderungen in kurzer Zeit erleben und das bedingungslose Grundeinkommen, vor nicht allzu langer Zeit ein Thema von Linken, Spinnern oder Fantasten, wird zunehmend salonfähig. Seit 2014 gibt es den gemeinnützigen Verein Mein Grundeinkommen e.V., das per Crowdfounding Gelder sammelt und BGE in Höhe von 1.000 Euro monatlich verlost. Immer wenn 12.000 Euro zusammen gekommen sind, findet eine Verlosung statt. Eine großartige Idee, an der jeder teilnehmen kann – sowohl was die Spenden als auch die Verlosungen angeht.
Auch in die Köpfe der sogenannten „Eliten“ ist das BGE angekommen. Warum? Bestimmt nicht aus Menschenliebe – die Philanthropie ist bei vielen nur vorgeschoben. Ganz einfach: Wer kein Geld hat, kann auch nicht die Produkte der Konzerne kaufen. Und noch schlimmer: Eine große Masse unzufriedener Menschen, deren Grundbedürfnisse nicht gedeckt sind, stellt ein großes revolutionäres Potenzial dar. Das Prinzip der römischen Herrscher „Brot und Spiele“ funktioniert bis heute. Gib dem Volk Essen, Sicherheit und Zerstreuung, dann hält man es in Schach.
Es wird an uns liegen, wie wir mit dieser Form des Lebens umgehen. Werden wir uns weiterhin mit Fast Food und Fertigfraß aus den Supermärkten sowie Fernsehen, Social Media und Playstation zufrieden geben? Oder ernähren wir uns gesund, in dem wir Bionahrung zu uns nehmen, vielleicht auch selber anbauen oder zumindest auf kürzere Transportwege achten und selber kochen und wenden wir uns produktiven, vielleicht auch kreativen Tätigkeiten zu, die unsere Seele nähren? Jeder entscheidet selbst für sich, welches Leben er führen möchte, und unsere Gefühle, Gedanken, Worte und Taten werden zu unserer zukünftigen Realität.