Stimmt es, dass an privaten Hochschulen die unterkommen, die es woanders nicht geschafft haben? Sind staatliche Hochschulen weniger anerkannt auf dem Arbeitsmarkt? Was darf eine private Hochschule kosten? Und was kann ich erwarten? Diese und andere Fragen werden in unserer Berufsberatung immer wieder gestellt. Wenn man den Sinn oder Unsinn einer privaten Hochschule bemessen will, muss man an das Thema jedoch differenzierter herangehen.
Auf die präzise Fragestellung kommt es an.
Denn um die Frage beantworten zu können, ob eine private Hochschule Sinn macht, muss man erst einmal differenzieren, wozu sie dienen soll. Geht es um ein Bachelor-Studium? Um einen Master? Oder gar einen MBA (Master of Business Administration, einem executive Master)?
Beginnen wir mit dem Bachelor-Studium, denn die Mehrzahl meiner Kunden hat das Studium noch vor sich oder muss eine Kurs-Korrektur fahren. In unserer Berufsberatung ist unser Ziel, zunächst herauszuarbeiten, wo der zukünftige Arbeitsplatz sein wird. Wird der junge Mensch später im Bereich Technik oder IT arbeiten, in den Naturwissenschaften, im sozialen oder medizinischen Bereich, in die Geisteswissenschaften, geht es ins Kreative oder eher Richtung Wirtschaft? Dann klären wir, welche Studiengänge (Ausbildungsberufe sind in diesem Artikel nicht das Thema) in dieses Arbeitsfeld führen, welche davon exakt auf den Kunden passen und welche auch noch sehr gut gerankt sind. Auf diese Weise stellen wir sicher, dass die Zufriedenheit nach der Beratung am höchsten ist.
Bei dieser Arbeit fallen immer wieder private Hochschulen und deren Studiengänge ins Auge – sowohl positiv als auch negativ. Den höchsten Anteil an Studiengängen an privaten Hochschulen finden wir sicher im Wirtschaftsbereich. Wer also einen technischen oder naturwissenschaftlichen Studiengang wählt, kann getrost bei den staatlichen Hochschulen und Universitäten bleiben. Zumindest bei denen, die sehr gut gerankt sind, macht man nichts verkehrt und hat anschließend einen Abschluss, der alle Möglichkeiten eröffnet.
Eine Ausnahme, die auf jeden Fall erwähnenswert ist, bildet die private Jacobs University in Bremen, die 2001 nach amerikanischem Modell entstanden ist. Aus zwei Gründen verdient sie Erwähnung: erstens ist sie eine Top-Uni, zweitens steht sie seit Jahren in der Kritik. Sowohl die Süddeutsche als auch die FAZ haben sich immer wieder an ihr gerieben. Was also macht sie so besonders?
Positiv anzumerken ist, dass sie regelmäßig Spitzenplätze in Lehre und Forschung einnimmt. Die Studenten, die aus aller Herrn Länder kommen, finden hier hervorragende Bedingungen, kleine Gruppen und exzellente, engagierte Professoren. Man lebt auf dem Campus, und das Studentenleben ist sicher unvergleichlich. Auch für die Zeit nach dem Studium ist man gut gerüstet, denn man hat bereits internationale Kontakte knüpfen und Freundschaften schließen können. 1171 Studenten aus 102 Nationen studieren derzeit an der Jacobs University, davon 640 in den Bachelor-Programmen. Das hat natürlich seinen Preis. Das Studium kostet 20.000 Euro pro Jahr zuzüglich Kost und Logis, man muss also mit etwa 24.000 Euro rechnen. Was zum empörten Aufschrei bei den Deutschen führt, ist in den USA nahezu günstig. Dort ist man für ein ordentliches Studium schnell 100.000 $ los.
Der Grund für die Kritik hängt jedoch nicht mit Lehre und Forschung zusammen, sondern mit der Tatsache, dass die Bremer nicht wirtschaften können. Ich nehme an, man hat völlig unterschätzt, was es heißt, eine private Universität aufzuziehen. Denn einen gewaltigen Unterschied gibt es zu den Elite-Unis in den USA: diese existieren seit weit über hundert Jahren, Harvard wurde 1636 gegründet (also noch 140 Jahre vor der Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika!), Stanford 1891; die JU existiert erst seit anderthalb Jahrzehnten. Und was in den USA zum täglichen Geschäft gehört, müssen die Deutschen erst noch mühevoll lernen – nämlich um Spenden zu betteln. Es reicht keineswegs aus, hohe Studiengebühren zu nehmen, davon kann keine Uni leben, zumal sie auch noch Stipendien vergeben. Es ist üblich, regelmäßig die Ehemaligen anzurufen und um entsprechende Schecks zu bitten. Da werden in den USA schon mal Schecks in Höhe von 500.000 $ weitergereicht. Für Deutschland unvorstellbar. Die JU finanziert sich aus Studiengebühren, Forschungsgeldern, Landesmitteln und Zuwendungen der Kaffee Dynastie Jacobs, doch in den vergangenen Jahren musste kräftig der Rotstift angesetzt werden und man hat sich davon verabschieden müssen, eine Voll-Universität zu sein. Dennoch: ein Studium dort ist absolut lohnenswert!
Ein Beispiel für eine Universität, die nicht nur in den Rankings herausragend abschneidet und ein attraktives Studienangebot hat, sondern auch noch wirtschaften kann, ist die Zeppelin Universität in Friedrichshafen am Bodensee. Für kritische Zeitgeister, die gern eigenverantwortlich arbeiten, ist diese Universität ein Segen.
Anders als in den technischen und naturwissenschaftlichen Studiengängen sieht es aus in den kreativen und vor allem den Wirtschaftsstudiengängen. Insbesondere am Standort München haben wir einige private Hochschulen, die in der Diskussion stehen, da etwa die Hälfte meiner Kunden aus München und Umgebung kommt. Unter den Design-Hochschulen ist eine private Hochschule zu nennen, die sehr empfehlenswert ist: Die Akademie U5.
Die Akademie bietet ein hohes Hochschulniveau und hat sich in 40 Jahren einen herausragenden Namen in der Design- und Werbebranche gemacht mit einem praxisorientierten Lehrplan und erfahrenen Profis als Dozenten. Mit dem Jahreswechsel 2014 hat allerdings der Gründer und Präsident Max Condula die Leitung in andere Hände gegeben. Es bleibt abzuwarten, ob das hohe Niveau auch weiterhin gehalten wird.
Sowohl das SAE Institut als auch die AMD (Akademie für Mode und Design) stehen dagegen oftmals – und das auch berechtigt – in der Kritik. Beim SAE Institut erhält der Studierende keinen Bachelor-Abschluss, sondern nur ein „Diploma“, das nicht als internationaler ordentlicher Abschluss anerkannt ist. Das wäre nicht einmal so tragisch, wenn die Studenten wenigstens sehr viel lernen und mit viel Praxiserfahrung aus dem Studium kommen würden. Dem ist jedoch nicht so. Die Studiengebühren sind happig, dafür bekommt man lediglich an 2 Tagen die Woche Vorlesung, die Vorlesungen fallen öfter aus, die Fahrt zur Hochschule war dann umsonst, die Dozenten sind sehr jung, oft abgehetzt und lustlos, die Organisation ist teilweise schlecht bis chaotisch. Die wenigen guten Bewertungen der Hochschule scheinen eher von den Studenten zu kommen, die ein hohes Arbeitspensum nicht gewöhnt sind und die einen ungewöhnlichen Studiengang woanders nicht bekommen. Interessant ist das SAE Institut eher mal dann, wenn man durch bestimmte Kurse das bereits vorhandene Wissen mit dem einen oder anderen Thema ergänzen möchte.
Nicht viel anders verhält es sich mit der AMD. Die Studiengänge bieten zwar einen Bachelor-Abschluss und sind von der Idee her wirklich gut, die Ausführung lässt jedoch eher zu wünschen übrig. Die meisten Kritiken wurden vom Hamburger Standort an mich heran getragen, aber auch die Münchner waren nicht durchgängig zufrieden. Kritikpunkte waren auch hier desinteressierte und lustlose Dozenten, eine schlechte Organisation und virenverseuchte Computer. Vielleicht hat man mittlerweile nachgebessert – zumindest hat man mir das vor zwei Jahren bereits versichert – die Feedbacks haben sich jedoch noch nicht signifikant verbessert. Und was ein immer wiederkehrender Kritikpunkt an der Hochschule ist: es gibt keine seriösen, erstklassigen Kontakte in die Wirtschaft. Vielmehr kann man bei Ehemaligen unterkommen und ein Praktikum absolvieren – ohne Salär! So stelle ich mir keine Hochschule vor, die ich empfehlen kann, schon gar nicht, wenn sie ein kleines Vermögen kostet.
Und wie ist es um die Wirtschaftsstudiengänge bestellt? Wenn wir die Masterstudiengänge (konsekutiv, nichtkonsekutiv und executive) mal außen vor lassen, stellt sich als erstes die Frage, ob man einen klassischen Studiengang wählen will oder etwas Spezialisiertes. Wer sich für spezialisierte, spannende Studiengänge interessiert, kommt an einer privaten Hochschule kaum vorbei. Nur selten machen sich die staatlichen Hochschulen die Mühe, einen wirklich innovativen und zukunftsorientierten Fächerkanon anzubieten. Wozu denn auch? Sie bekommen ihre Gelder ohnehin vom Staat / Steuerzahler, da muss man sich nicht zwangsläufig Mühe geben, wenn man ohnehin schon viele Studierende hat.
Die privaten hingegen stoßen oftmals in eine interessante Lücke. Ein Beispiel hierfür ist Marketing. Während man vor 20 Jahren einfach BWL mit Schwerpunkt Marketing studieren konnte, wird man mit dieser Kombination heute kaum noch beruflich Fuß fassen. Die Firmen wollen sehr gut ausgebildete Berufseinsteiger; mit einem Schwerpunkt Marketing in BWL hat man jedoch kaum Ahnung von diesem äußerst komplexen Thema und für Learning by doing ist einfach keine Zeit. Sieht man mal von der Hochschule Pforzheim ab, gibt es keine echten Alternativen bei den staatlichen Hochschulen in Deutschland. Wer also nicht gerade ein Einser-Abitur absolviert hat, wird sich zwangsläufig an einer privaten Hochschule wiederfinden.
Derer gibt es einige, die im Grunde genommen gut zu empfehlen sind. Sie unterscheiden sich eher durch einige unterschiedliche Inhalte und durch den Lern- und Arbeitsaufwand. Ein besonders positives und ein besonders negatives Beispiel möchte ich jedoch hier explizit erwähnen. Zu den uneingeschränkt zu empfehlenden Hochschulen gehört für mich die Internationale Karlshochschule in Karlsruhe. Ein attraktives Studienangebot, tolle Professoren und eine sehr gute Betreuung suchen ihresgleichen.
Als Negativbeispiel muss man hier leider die International School of Management ISM nennen, was jetzt sicher viele überraschen wird, vor allem, weil sie in unseren Empfehlungen z.T. vorkommt (was allerdings auch Gründe hat) und weil die Bewertungen im Netz erstaunlich gut sind. Positiv festzustellen ist, dass die Studiengänge von der Beschreibung her durchweg interessant und spannend und mit diesen Inhalten an staatlichen Hochschulen nicht zu bekommen sind. Sie ist aber auch nur interessant und „empfehlenswert“, wenn man genau diese Studiengänge studieren will und München (oder die anderen Standorte) nicht verlassen will. Und das ist der Grund, warum sie in unseren Empfehlungen dann eingeschränkt auftaucht.
Ich muss an dieser Stelle nicht wiederholen, für wie unsinnig ich es halte, sich an einer Stadt festzubeißen, statt den besten Studiengang und die beste Hochschule zu wählen, aber die ISM ist ebenfalls ein gutes Beispiel dafür, dass sich diese Bequemlichkeit oder die Angst vor dem Neuen – nämlich einer anderen Stadt – rächen kann.
1990 als Wirtschaftsakademie gegründet und 1994 als private Fachhochschule anerkannt hatte man in den Anfangsjahren noch Wert auf Qualität und Leistung gelegt. Das hat sich deutlich verändert. Während man früher noch richtig viel tun musste für seine Noten, werden heute die Einsen und Zweien eher mal nachgeworfen, was auch den Arbeitgebern nicht verborgen bleibt. Das Vorlesungsniveau wurde reduziert, eine Auswahl der Bewerber scheint eher pro forma statt zu finden; es wirkt eher so als würde jeder genommen werden, der die Gebühren zahlen kann. Und die sind happig. Die monatliche Gebühr liegt ohnehin schon über dem Schnitt, den die meisten privaten Hochschulen nehmen, hinzukommen noch die teuren Auslandssemester. Je nach European oder Global Track hat man davon entweder eines in Europa oder noch ein weiteres in Übersee. Die Idee ist grundsätzlich gut; ich bin immer ein Befürworter, die Nase in den Wind zu halten und den Horizont zu erweitern, aber genau an diesem Punkt werden die Probleme an der ISM ganz offensichtlich: und das ist die miserable Organisation. Wer an der TU studiert, zahlt keinerlei Studiengebühren, kann aber auf eine perfekte Organisation des Auslandssemesters zurückgreifen. Bei der ISM ist das Fehlanzeige. Die Organisation ist ein einziges Chaos, das sie bisher nicht in den Griff bekommen haben und es scheint, dass auch gar kein derartiges Interesse besteht. Mich erreichen immer mal wieder kritische Mails meiner Kunden, die sich darüber bitterlich beschweren. Als wäre die schlechte Organisation noch nicht genug, hat diese auch teilweise Auswirkungen auf das Studium selbst – sowohl im Inland als auch im Ausland. Alle Probleme, die sich hieraus ergeben, an dieser Stelle aufzulisten, würde den Rahmen sprengen und ist auch nicht Sinn des Artikels. Ingo Böckenholt, der derzeitige Präsident, reagiert nicht mal auf Kritik seitens der zahlenden Eltern, was mir das größte Problem zu sein scheint. Manche Folgen zeigen sich nicht gleich, sondern sind erst Jahre später erkennbar. Spätestens wenn die Absolventen Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt haben, weil sie nicht genügend Wertschätzung für ihren Abschluss erhalten, wird sich das Ganze wohl rächen. Dann ist es für diese Studenten zu spät, und ich prophezeie heute schon den Abgesang der Hochschule, wenn sich nicht grundlegend hierzu etwas ändert.
Aber wie sieht die Situation aus in den „klassischen“ Wirtschaftsstudiengängen wie Betriebswirtschaft? Interessant ist hier der riesige Unterschied zwischen Uni und FH. Mal abgesehen von der KU Eichstätt/Ingolstadt und den Universitäten Mannheim und Stuttgart sind alle Universitäten mittelmäßig bis miserabel gerankt. Keine kann auch nur annähernd mit den privaten Universitäten mithalten. Herauszuheben sind hier die EBS in Östrich-Winkel und die WHU in Vallendar sowie die Frankfurt School und die Europa Uni Viadrina.
Dagegen finden wir eine große Anzahl an herausragenden staatlichen Lehranstalten unter den Fachhochschulen. Die einzigen privaten, die hier mit den staatlichen auf höchstem Niveau mithalten können sind die IUBH Bad Honnef, die SRH HS Berlin und die Karlshochschule sowie einige Hochschulen in Österreich.
Interessant ist, dass es immer wieder deutschen Business Schools genau das nicht gelingt, was sie ihren Studenten beizubringen versprechen: profitable Geschäfte zu machen. Daher rate ich jedem Interessenten, sich nicht nur die Rankings und die Inhalte anzusehen, sondern auch nach schwarzen Zahlen Ausschau zu halten!
Eine herausragende private Hochschule für die Juristen ist übrigens die Bucerius Law School in Hamburg, die von den Rankings her seit Jahren alle staatlichen schlägt! Viele Abiturienten orientieren sich nach Passau, da es dort keinen NC gibt, haben jedoch mit Hunderten von anderen Kommilitonen zu kämpfen, wobei die Uni nicht mal schlecht abschneidet. Hier würde ich jedoch tatsächlich jedem empfehlen, die Kosten in Kauf zu nehmen. Das Geld holt man später wieder rein.
Was die Wirtschafts-Masterstudiengänge angeht gibt es zwei Herangehensweisen: wer gleich nach dem Bachelor-Abschluss ins Business-Leben eintaucht, hat in der Regel gute Möglichkeiten, einen berufsbegleitenden Master zu absolvieren. Hier kommt es nicht darauf an, an einer Spitzen-Hochschule den Abschluss zu erwerben, weil die bereits erzielte Praxiserfahrung mehr Gewicht hat. Wer jedoch nach dem Bachelor direkt seinen Master anschließen möchte, dem rate ich dringend, nur an eine Spitzenhochschule zu gehen – egal ob privat oder staatlich. Denn beide Varianten kosten Geld.
Denken Sie immer daran: die Wahl des Studiengangs und die Wahl der Hochschule sind die Grundpfeiler Ihrer beruflichen Laufbahn und Karriere. Hierfür muss man investieren, und manchmal auch eine Menge Geld!