Die jungen Menschen, die den Beruf des Bankkaufmanns ergreifen, haben eher kaufmännische, wirtschaftliche Interessen, wollen in Ihrem Job mit Menschen zu tun haben und beraten. Zudem wünschen sie sich eine abwechslungsreiche und vor allem sichere Tätigkeit.
War früher diese Ausbildung etwas Grundsolides, bei der man wusste, dass es sich um einen „anständigen“ Beruf mit Zukunft und mit vielen Vorteilen handelt, so hat sich das Image des Bankkaufmanns zunehmend verschlechtert; ebenso die Stimmung dieser Kaufleute bei der Schalterarbeit, die oftmals desillusionierend scheint. Bankgeschäfte werden in Deutschland immer schwieriger und auch unerfreulicher für die Kunden. Das macht aber auch die eigene Arbeit als Bankkaufmann immer weniger erfüllend. Illusionen werden schnell platzen.
Dieser Beruf ist kaufmännisch, ja, und Sie haben mit Menschen zu tun. Das stimmt ebenfalls. Mit „abwechslungsreich“ ist es schon etwas schwieriger. Das unterliegt stark der eigenen Bewertung – was für den einen noch abwechslungsreich ist, mag dem anderen schon sehr langweilig erscheinen, denn die Abläufe sind immer dieselben, die Tätigkeiten im Wesentlichen auch, nur die Menschen sind täglich andere. Erschwerend kommt die Regulierungswut der Behörden hinzu, die dem Schutz der Sparer dienen soll. Der Arbeits- und vor allem der Dokumentationsaufwand hat dadurch so stark zugenommen, dass vielen Beratern gar nicht mehr die Zeit bleibt, sich ausreichend um Ihre Kunden zu kümmern. Die berufliche Sicherheit heute ist auch nicht mehr die Sicherheit von früher: Wer aufmerksam die Zeitungen liest, findet immer wieder Meldungen von geplanten Massenentlassungen verschiedener Banken. Mir selbst sind im Laufe meines Lebens relativ viele Ex-Banker begegnet, die entweder Entlassungen oder einem Burn-out zum Opfer fielen. Denn was in diesem Berufssektor völlig missverstanden wird, ist das Thema „beraten“ an sich.
In der Bank wird nicht beraten, es wird nur verkauft. Und das im Sinne der Bank, nicht im Sinne des Kunden.
Wem das egal ist, der hat keinen schlechten Job, aber zunehmend erhöhen sich in unserer Gesellschaft Wissen und ethisch-moralische Vorstellungen, und damit haben sehr viele Bankangestellte zu kämpfen. Wer glaubt, er könne die Kunden oder „seine“ Kunden in deren Sinne gut beraten, wird ganz schnell ernüchtert. Die Vorstände oder das obere Management denken sich irgendetwas aus, das Umsatz und Gewinne der Bank steigern soll, oder sie stellen fest, dass bestimmte Produkte nicht so laufen wie sie sollten. Dann wird von oben nach unten diktiert, welche Produkte demnächst am Schalter verstärkt verkauft werden sollen – ob das nun Sinn macht oder nicht. Es geht immer nur um wirtschaftliche Interessen.
Um die Bankangestellten „auf Linie“ zu bringen, wird in der Regel sehr gut ausgebildet, vor allem, was die hauseigenen Produkte angeht. Häufig gibt es noch Kooperationen mit Versicherungen und Bausparkassen oder man gehört zum gleichen Konzern, sodass diese Produkte gleich noch mitverkauft werden müssen. Wer aufgeklärt ist, seinen gesunden Menschenverstand noch nicht komplett ausgeschaltet hat und sich dafür entscheidet, öfter mal Qualitätszeitungen oder Finanzmagazine zu lesen, wird sehr schnell feststellen, dass sich Sparer „arm sparen“, weil die Zinsen der Banken deutlich unter der Inflationsrate liegen, und dass aus diesen Gründen beispielsweise Bausparverträge, in die man monatlich einzahlt, nur einem dienen: der Bausparkasse.
Der Bankangestellte ist nun in einem riesigen Dilemma: Er kann sich dafür entscheiden, die Vorgaben, die ihm gemacht worden sind, zu erfüllen. Dann hat er seine Ruhe im Job, aber eventuell ein schlechtes Gewissen und möglicherweise Angst, diesem Kunden irgendwann wieder zu begegnen und von diesem erhebliche und auch berechtigte Vorwürfe oder Beschwerden zu hören, weil die „Beratung“ zum Nachteil des Kunden war.
Oder aber der Bankangestellte schert sich nicht so sehr um die Vorgaben der Bank und entscheidet sich für eine Beratung ganz im Sinne des Kunden, die diesem dienlich ist, aber nicht die Produkte beinhaltet, die er jetzt verkaufen soll. Dann hat er sehr kurze Zeit später Personalgespräche mit seinem Vorgesetzten, die auch ungemütlich verlaufen können. Das ist etwas überspitzt formuliert, bringt die Sache aber ziemlich genau auf den Punkt. Darüber hinaus wird es für Selbständige und Mittelständler immer schwieriger, Kredite für notwendige Investitionen oder auch nur kurzfristige Darlehen oder Dispo-Kredite zu bekommen, um beispielsweise Steuerverbindlichkeiten zu bezahlen. Ging das früher noch sehr unkompliziert, weil man sich jahrelang kannte und um die Verlässlichkeit des Kunden wusste, wird dem heute mehr und mehr ein Riegel vorgeschoben, was zu Frust auf beiden Seiten führt.
Aus diesem Dilemma herauszukommen, ist so gut wie unmöglich – es sei denn, Sie entscheiden sich dafür, nicht unten zu arbeiten, sondern oben.
Was also ist die Konsequenz? Wenn Sie eine Karriere in der Bank anstreben und BWL, VWL oder Finance studieren wollen, ist die vorherige Ausbildung zum Bankkaufmann eine super Grundlage. Sie ist übrigens auch für andere hervorragend geeignet: Mit Zahlen umgehen zu lernen und zu erfahren, wie Wirtschaft – zumindest in Ansätzen – funktioniert, ist eine sehr solide Basis für Berufe, in denen man beispielsweise selbständig arbeitet. So kenne ich eine Zahnärztin, die ganz bewusst erst eine Ausbildung zur Bankkauffrau absolviert hat, um dann Zahnmedizin zu studieren, weil sie in ihrem Job als Zahnärztin mit Menschen umgehen und verkaufen können muss, damit die Praxis finanziell erfolgreich läuft. Und genau das hat sie in ihrer Ausbildung gelernt – was sie als Zahnärztin sehr erfolgreich macht. Alternativ kann man es so machen, wie ein ehemaliger Münchner Banker: Der hatte aus den oben genannten Gründen ebenfalls die Nase voll, liebte aber seinen Job und heuerte in einer österreichischen Bank an. Hier kann er noch kreativ agieren, besser und kundenbezogener beraten und das auf unkomplizierte Art und Weise.