Irrtümer in der Berufswahl – Reiseverkehrskaufmann

Reiseverkehr_shutterstock_166166552_Denis VrublevskiIn diesen Beruf streben vielfach junge Leute mit den bereits bei den Fremdsprachenkorrespondenten beschriebenen Tendenzen. Die schulischen Leistungen sind oftmals nicht herausragend, Schwerpunkte sind eher Sprachen, sie wollen mit Menschen zu tun haben, brauchen Abwechslung und lieben meist das Reisen und fremde Länder.

Der Ausbildungsberuf Reiseverkehrskaufmann wurde vor einigen Jahren aufgespalten und durch die Ausbildungen Kaufmann für Tourismus und Freizeit sowie Tourismuskaufmann für Privat- und Geschäftsreisen ersetzt . Die Kaufleute für Tourismus und Freizeit arbeiten vorwiegend in Reise- und Tourismusbüros, in Beherbergungsbetrieben, bei Ausflugs- und Reiseunternehmen, in Organisationen der Tourismusförderung oder in Freizeiteinrichtungen. Darüber hinaus können sie auch in Call-Centern eingesetzt werden. Sie beraten und informieren Kunden über touristische Leistungen und Angebote, organisieren Veranstaltungen und setzen Verkaufs- und Marketingkonzepte zur Förderung des regionalen Tourismus um.

Die jungen Menschen mit Phantasie und Vorstellungskraft malen sich das nun schön bunt aus.

Sie sehen sich spannende Telefonate führen, vielleicht auch in anderen Sprachen, verschiedene Hotels oder Destinationen besuchen und spannende Marketingaufgaben ausführen. Die Realität ist jedoch hier in den meisten Firmen eine völlig andere. Seit dem Einzug des Internets hat sich insbesondere im Tourismussegment allerhand geändert. Viele Kunden buchen online. Reisebüros, in denen man früher tatsächlich noch einen abwechslungsreichen Alltag haben konnte, verschwinden, bedingt durch Online-Angebote, mehr und mehr von der Bildfläche. Übrig bleiben vor allem die großen Tourismuskonzerne, ein paar Nischenanbieter und eben große Online-Anbieter.

Wenn es jetzt um die Jobs geht, stehen Kaufleute für Tourismus und Freizeit in direkter Konkurrenz zu den Absolventen eines Tourismusmanagement-Studiums.

Und nun raten Sie mal, wer die spannenden Aufgaben bekommt, von denen Sie geträumt haben, sofern es überhaupt spannende Aufgaben gibt. Genau! Wenn man z.B. das Stichwort „Katalogproduktion“ liest könnte man annehmen, dass sich dahinter etwas Kreatives und Abwechslungsreiches verbirgt. Das kann schon sein, nur befinden Sie sich nicht in der Ausbildung zum Mediengestalter, sondern zum Tourismuskaufmann, und damit haben Sie Aufgaben zu erledigen wie Beschwerden anzunehmen, Verträge anzulegen, Texte zu schreiben und Kontingente zu überprüfen, da es immer wieder zu Überbuchungen kommt. Auch die Korrespondenz mit Agenturen gehört zum Job. Nach einer Woche Einarbeitung haben Sie verstanden worum es geht, können das alleine bewältigen und nach einem Monat haben Sie bereits Routine. Die studierten Tourismusmanager arbeiten selten im Reisebüro, sie sind eher in den Tourismuskonzernen zu finden.

Ähnliches gilt für die Tourismuskaufleute für Privat- und Geschäftsreisen. Sie planen, vermitteln und verkaufen individuelle, Gruppen- sowie Veranstalterreisen und organisieren Geschäftsreisen. Sie beraten Kunden über Reisemöglichkeiten und Reiseziele und kalkulieren Preise. Diese Tätigkeiten sind allesamt nicht schlecht, aber meist entsprechen sie nicht der Vorstellung derjenigen, die sich diesen Ausbildungsberuf aussuchen.

Wie sieht nun der Arbeitsalltag aus und was sollten Sie an Interessen und Fähigkeiten mitbringen? Gertraud Weimann, Personalerin des oberbayrischen Reisebüros DERPART NettReisen GmbH, bringt es klar auf den Punkt: „Der Dienstleistungsgedanke muss ganz oben stehen, und Sie müssen vor allem Menschen mögen, auch die schwierigen. Sie dürfen sich nie aus der Ruhe bringen lassen, müssen sehr gut organisiert und belastbar sein. Sie brauchen eine hohe Computeraffinität, denn Sie haben viel mit Zahlen, Excel und Buchhaltung zu tun. Es gibt Online-Portale, mit denen Sie arbeiten müssen, und alle halbe Jahre kommen wieder neue Programme auf den Markt, in die Sie sich immer wieder einarbeiten müssen. Ihnen muss zudem klar sein, dass Sie auch am Samstag arbeiten müssen. Und ich freue mich, wenn ich kreative Mitarbeiter habe, die auch Ideen einbringen.“

An diesem Beispiel lässt sich gut darstellen, dass die Vorstellungen, die viele junge Menschen von bestimmten Berufen oder Tätigkeiten haben, mit der Realität nicht immer übereinstimmen und bisweilen so weit auseinanderliegen, dass die Motivation nach einiger Zeit stark nachlässt und die Gefahr der Aufgabe des Ausbildungsplatzes recht hoch ist. Umso wichtiger ist es, dass die jungen Menschen sich vorher gut informieren, bevor sie sich in das Abenteurer Beruf und Ausbildung stürzen.

Bildnachweis: © Denis Vrublevski – Shutterstock.com

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  1. Die hohe Belastbarkeit kann ich nur bestätigen: man ist gerade mitten in einer Beratung, wenn das Telefon klingelt und ein Kunde sofort eine Antwort braucht, (weil er z.B. aus Australien anruft, gerade seinen Flug verpasst hat und nun erwartet, dass sein Reisebüro in Deutschland ihm hilft) oder es warten weitere Kunden auf einen persönlich, die ungeduldig „mit den Hufen scharren“, während man weiß. dass die aktuelle Beratung noch mindestens eine Stunde dauern wird. Kunden müssen ihre Reise ändern, sind aber nicht bereit, dafür Gebühren zu zahlen. Und immer muss man lächeln, Verständnis haben und oft tatsächlich nachgeben und die Kosten übernehmen, obwohl man im Recht ist, nur damit man die Kunden nicht verliert. Als Reiseverkehrskaufmann muss man extrem gut organisiert sein und eben auch mal nach Ladenschluss arbeiten, wenn denn der potentielle Kunde kurz vor 18h00 das Büro betritt und eine ausführliche Beratung für eine lukrative Reise haben möchte. Zudem wird erwartet, dass man möglichst jedes Hotel persönlich kennt und auf der ganzen Welt Empfehlungen aussprechen kann. Und die Zeiten, in denen man – als Ausgleich sozusagen – selber sehr günstig fliegen oder Urlaub machen konnte, sind leider auch vorbei ….

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